Den Renault 4CV, das putzige „Crèmeschnittchen“, finden die meisten Leute einfach nur süß. Jean Rédélé allerdings sah in der schicken Schnitte noch ganz andere Talente – und begann anno 1952 damit, auf Basis des 4CV einen echten Sportwagen zu konstruieren. Ausgestattet zwar nur mit einem Dreiviertel-Liter-Aggregat – aber eben auch mit einer ordentlichen Hülle. Designer Giovanni Michelotti schuf die Form, die italienische Firma Alemano dengelte die erste Aluminium-Karosserie für das Einzelstück, das Rédélé wiederum im Rallye-Sport nutzte. Et voilà – der Alpine-Vorläufer war geboren, zwei Dekaden später schrieb die „Flunder aus Dieppe“ längst Rennsportgeschichte …
1954 setzte man bereits auf eine leicht veränderte Kunststoff-Karosserie, mit der der Wagen als Roadster wie als Coupé sein Debut erlebte. Die Auto Show in New York bot hier den passenden Rahmen, auch wenn die Produktion im Januar 1955 noch sehr bescheiden mit zunächst drei Autos begann. Doch letztlich setzte sich die rasante Entwicklung durch: Im Sommer 55 präsentierte Rédélé die drei A 106 im Stammwerk Billancourt den Herrschaften von Renault sowie der französischen Presse. Die Resonanz ließ ihn hoffen – schon im Oktober gründete der findige Renault-Händler seine eigene Automobilfirma, die „Société des Automobiles Alpine“. Der Weg war bereitet, die Serienproduktion konnte beginnen. Wobei vor allem das von 1962 bis 1977 gebaute Modell A 110 für Furore sorgte. 1971 gewann Alpine damit die Internationale Rallye-Marken-Meisterschaft sowie die Rallye-Marken-WM 1973. Ein Doppel- und ein Dreifachsieg bei der Rallye Monte Carlo sorgten ebenfalls für den Mythos, der das so schlicht benannte Modell „A 110“ bald umwehen sollte.
Daran hat sich bis heute nichts geändert, wie auch Enguerrand Lecesne beweist – immerhin stehen in seinem reich bebilderten Alpine-Buch vor allen Dingen die sportlichen Erfolge der Werks- wie Privatfahrer im Fokus. Denn auch als ambitionierter Privatier konnte man mit der Alpine Pokale einheimsen.
Mehr als 200 historische Aufnahmen lassen das Buch schier überlaufen vor driftender, rasender und durch Schnee und Dreck pflügender Autos. Und selbst, wenn die entsprechenden Kisten mal still stehen, tun sie dies zumeist in einer Startaufstellung oder zumindest mit Rennpistenasphalt im Hintergrund. Je nun – eine Alpine ist eben kein Cruiser. Sondern ein Racer. Und dem wird der Autor nun wirklich gerecht, was echte Fans perfekt ansprechen dürfte, zumal auch ehemalige Fahrer zur Wort kommen. Am Ende des Buches findet der Leser schließlich eine umfassende Zusammenstellung aller Rennerfolge der Alpine A 110.
Wer also mehr wissen möchte über die Historie der legendären „Berlinette“ bei Rallyes, Straßen- und Bergrennen, der wird hier garantiert fündig – übrigens schaut auch die Nachfolgerin, die A310, mal kurz im Buch vorbei. Aber das ist eine andere Geschichte. Wrooom Wrooom … (hpw)
Enguerrand Lecesne: Alpine A110. Übersetzt von Silvia Arnold. Heel Verlag Königswinter, 192 Seiten, ca. 220 Farb- und s/w-Abbildungen, 260 x 260 mm, gebunden mit Schutzumschlag, ISBN 978-3-86852-696-7, 29,95 Euro. Text: Dr. Heiko P. WackerBilder: Heel Verlag Königswinter